Buntpapiermachen nach der Stechuhr

Foto: T. Karipidis
Foto: T. Karipidis

Das kürzere Bein geht langsamer und das ist gut so.

"Wie lange dauert es diesen Bogen herzustellen?" werde ich manchmal gefragt. Ja, wieviel Arbeitszeit steckt eigentlich in diesem einen Bogen? Wo muß ich anfangen zu zählen - bei der Papierbestellung, dem Zubereiten des Kleisters, dem ersten Pinselstrich? Und wo will ich aufhören zu zählen - beim letzten Pinselstrich, dem Qualitäts-Stempeln, dem  Verkauf? Der Genauigkeit halber fertige ich eine Kleinserie an und teile die benötigte Zeit durch die Anzahl der Bogen. Jetzt nur noch den zeitlichen Aufwand des Werkstattsäuberns dividieren und hinzuaddieren, diesen Wert akribisch festhalten, um ihn den Werten des nächsten Tages, der weitere Arbeitsschritte mit sich bringt, hinzuzufügen. Die schwankende Tagesform lasse ich unberücksichtigt. Etwaige Zwischenfälle können dank ausreichender Erfahrung vernachlässigt werden. Und jetzt - endlich - das Ergebnis in Stunden und Minuten: Irgendwo zwischen 2 Stunden und 20 Minuten, nicht weniger. Ehrlich, viel genauer möchte ich es nicht wissen. Meine "Werksuhr", die mit ihrem kürzeren Bein ohnehin langsamer geht, kennt mich und bleibt bisweilen lieber stehen, als zu stechen. Kaufleute nennen es gesunde Mischkalkulation. Das tut meiner Kreativität und dem Portemonnaie meiner geschätzten Kunden gleichermaßen gut. Mit künstlerischer Handarbeit läßt sich in monitärer Hinsicht kein Reichtum erzielen, soviel ist klar. Deswegen sind Fragen wie "In welchen Arbeitsschritten wird dieses Buntpapier hergestellt?" deutlich ergiebiger.

 

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